Mit dem prägnanten Titel „Hidden Figures – Maria Theresias Großmütter“ ging die für dieses Schuljahr letzte Hagenmüllervorlesung am 17. April in unserem Festsaal über die Bühne. Hierbei gab uns die Referentin Univ. Doz. Dr. Katrin Keller Einblicke in ihren Forschungsschwerpunkt am Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Im Fokus des Vortrages stand das Kriterium, dass in der langen Geschichte der Habsburgermonarchie – und dies ließe sich auf alle weiteren Dynastien übertragen – sämtliche männliche Thronfolger und ihre Errungenschaften geschichtswissenschaftlich hinreichend dokumentiert und erforscht sind, das Handeln und Netzwerken ihrer Gattinnen hingegen wenig Beachtung geschenkt wird. Und dies ist ein fataler Fehler, deckt die gegenwärtige Geschichtsforschung mehr und mehr deren bedeutsame Rollen in den Königs- und Kaiserhäusern auf.
Mit Blick nach Österreich und dem Habsburgerhaus stehen in der breiten öffentlichen Wahrnehmung zwei Frauen im Mittelpunkt: Maria Theresia und Elisabeth. Beide waren Habsburgerinnen, beide „Kaiserinnen“, die eine Kaiserin von Österreich, die andere Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Aber auch sie waren „nur“ Kaiserinnen aus dem selbigen Grund wie all ihre Vorgängerinnen und Nachfolgerinnen: Sie waren mit einem jeweiligen Kaiser verheiratet.
Im Vortrag fallen zahlreiche Namen, welche bei Weitem weniger in den Geschichtsbüchern aufscheinen, allerdings letztlich mindestens genauso geschichtsträchtig sind. Mit Eleonara Gonzaga oder Eleonora Magdalena seien hier nur zwei einiger möglichen Beispiele genannt.
Frau Dr. Keller stellte in ihren Ausführungen eindrucksvoll dar, wie doch einige Frauen innerhalb der europäischen Geschichte weit mehr als nur Ehefrauen ihrer jeweiligen Kaiser waren. So gehören zahlreiche der oben genannten Frauen zu einem gar nicht so kleinen Kreis von Frauen, über die Dynastien ihre Besitzungen weitergaben und die als Herrscherinnen aus eigenem Recht in Erscheinung traten. Etwas zugespitzt betrachtet, kann man in der europäischen Geschichtsschreibung mehrmals den Umstand festmachen, dass in den Herrscherhäusern immer dann, wenn eine dynastische Krise auftrat, weil es unter anderem keinen männlichen Erben gab – wie es die Norm eigentlich verlangte – Frauen den Bestand des Hauses übernahmen und letztlich – wenn auch hinter dem Vorhang – als Retterinnen in schwierigen Zeiten auftraten. Mag hier in Form von Akten, Briefen und Memoiren einiges der Forschung vorliegen, sollte man die Bedeutung der Frauen an der Seite eines Kaisers immer genauer unter die Lupe nehmen. So wird man bald feststellen, dass deren Wirkungs- und Einflussmacht von hoher Bedeutung und Wichtigkeit waren. Frauen an der Seite ihrer Machthaber waren – und hier begibt sich die Wissenschaft aktuell auf ein spannendes Neuland – mehr als Zuseherinnen politischer und gesellschaftlicher Entscheidungen, sondern müssen vielmehr als Teilnehmerinnen und Instanzen in den Herrscherhäusern verstanden werden.
Um sich diesem soziologisch spannenden Thema näher zu widmen, lohnen sich Blicke auf folgende Internetseiten: kaiserin.hypotheses.org und oeaw.ac.at/ihb/forschungsbereiche.
Weiters kann man sich diesem interessanten Thema auch im Rahmen der „Langen Nacht der Forschung“ am 24. Mai 2024 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaft widmen.